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PFARREI MARIÄ HIMMELFAHRT DACHAU - mh-dachau.de
Quelle: http://mh-dachau.de/index.php?page=451&printview=1

Turmmadonna und Gnadenstuhl

Pfarrer Langenberger stellt  seine  Kunstschätze vor
Ich habe mir vorgestellt, ich möchte wirklich ein Gnadenbild, also das heißt: eine Figur, vor der wohl schon Generationen gebetet haben. Und dann bin ich in der Prannerstraße – unten im Bayerischen Hof – in das Antiquitätengeschäft vom Herrn Urban gegangen, hab‘ mich vorgestellt als Pfarrer aus Dachau, und hab‘ also gesagt, ich bräuchte eine Madonna. Ich hab‘ natürlich irgendwie gedacht an eine aus dem vorigen Jahrhundert. Und dann sagt der zu mir: „Sie, ich habe etwas ganz Schönes momentan da, aber Gotische Madonna aus Niederbayernaus Sicherheitsgründen nicht in meinem Geschäft, sondern in der Wohnung. Aus der Gotik. Und ich würde sie herholen, dass Sie sie anschauen.“ Und der macht das. Ich war verliebt in die Madonna! (Hier geht's zur Beschreibung bei der "Kirchenführung".) Und ich habe nicht gefragt, was das kostet. Und dann habe ich der Kirchenverwaltung das gesagt. (In der Zwischenzeit wusste ich, dass man einen sehr großen Mercedes dafür kaufen könnte.) Da haben die gesagt: „Unterstehen Sie sich! Es geht einfach nicht, und Sie dürfen auch nicht öffentlich werben!“ Und dann habe ich gesagt: „Mei, liebe Mutter Gottes, wenn Du willst, dass ich da was krieg‘, dann hilf mir!“

Dann ist folgendes passiert: Es war eine Beerdigung aus der Gegend hier. Der Sohn der Verstorbenen ist Filmproduzent, und das Trauermahl war in den „Vier Jahreszeiten“ in München. Und es war ein Dachauer Hotelier auch dabei, und der sagt zu mir beim Essen: „Na, Herr Pfarrer, wie schaut’s denn aus mit Ihrer Madonna? Was haben Sie denn schon?“ Ich hatte schon einiges – vier tausend. Und dann sagt der zu dem Filmproduzenten: „Der Pfarrer möchte eine Madonna anschaffen. Du könntest doch ein bissel was helfen.“ Sagt der: „Ja.“ Und dann ist folgendes passiert. Wir haben uns über Dokumentarfilme unterhalten. Und er sagt, er hat auch Dokumentarfilme über fremde Religionen gemacht. Und ich sage: „Ich kenne einen ganz großartigen Film über den Zen Buddhismus in Japan. Also, das ist ein Film, der ist so großartig. Ich habe den öfter schon in der Schule gezeigt, und ich bin begeistert.“ Sagt der: „Ist doch von mir!“ Gott sei Dank! (Zwischenruf: „Na, du Schlawiner!“ Gelächter.) Und dann sagt der: „Na, was brauchat’S‘n dann eigentlich?“ Ich sag: „Ja, einige zitausend.“ Sagt der: „San‘s einverstanden, wenn wir das auf zwei mal machen?“ Dann bin ich heimgefahren, habe der Kirchenverwaltung gesagt: „Also, bis auf zehntausend sind wir beieinander.“ Da haben die gesagt: „Das geht.“

Und dann war noch folgendes: Der Kunsthändler hat gesagt: „Wissen’S was, ich liefer‘ Ihnen die Madonna zur ersten Maiandacht, damit die Leute die sehen.“ Und da ist sie dann vorn am Altar gestanden... Er hat genau gewusst, die kommt nicht mehr zurück. Weil... da bin ich dann gleich gefragt worden, was ich noch brauch. Die Leute haben gesagt: „Das gefällt uns. Die soll da bleiben.“ Und so ist es gewesen.

Pfarrer Langenberger am Gotischen Gnadenstuhl


Und jetzt kommt der Gnadenstuhl. Ein Jahr später bin ich auf der Kunst- und Antiquitätenmesse, sehe den Gnadenstuhl, bin begeistert und denk‘: „Der wär‘ doch was für unsere Kirche.“ (Link zur Beschreibung bei der "Kirchenführung".) Und zwar habe ich mir folgendes vorgestellt. Wir haben nämlich - wenn Ihnen das auffällt: In der Liturgie wird eigentlich fast jedes Gebet mit der Formel zum Heiligen Geist abgeschlossen. Wir beten sehr viel zu Jesus Christus, aber Gott Vater kommt relativ selten vor. Und außerdem war es mir wichtig - ich habe mir gedacht, wenn Leute, gerade mit Kindern, in die Kirche kommen – und irgendwo spricht man Gotischer Gnadenstuhl aus Österreichdoch auch heute noch den Kindern gegenüber vom Himmelvater – und da hab‘ ich mir gedacht, wir müssten eigentlich schauen, dass wir Gott Vater in der Kirche haben. Und das wär‘ genau das gewesen. Vor allen Dingen... was Gnadenstuhl..., den man ja immer so nennt, wenn Gottvater den toten Jesus Christus auf dem Schoß hält, und ich sah also den, und es war wirklich so – das ist jetzt nicht unbescheiden – ich hab‘ in der Marienkapelle gebetet und habe gesagt: „Eigentlich bräucht‘ ich den noch. Liebe Mutter Gottes, wenn Du willst, dass wir den kriegen, dann hilf!“

Dann ist das nächste Wunder geschehen. Ich bin von einem Nachbarn eingeladen worden. Der hat gesagt: „Eigentlich haben wir in der Kirche nicht irgendwo einen richtigen Christus.“ Und ich hab‘ gesagt: „Und Gott Vater fehlt auch. Aber ich wüsste was, dann wären beide beieinander. “ Und jetzt kommt noch dazu, der arme Mann hatte einen Unfall ... Hat aber Gott sei Dank das Glück gehabt, dass er alles gut überstanden hat. Und der hat mir zugesagt, dass er mir hilft. Und jetzt ist der da.
(Zwischenfrage: „Und in welcher Kirche ist der früher gestanden? Wo ist der gestanden?“)
Also, der war wohl früher in Österreich in einer Kapelle, die aber durch Kriegseinwirkungen und Brand zerstört worden ist. Und ein Bauer hat die Figur wohl gerettet. Sie ist eine Zeitlang bei ihm gestanden, und irgendwann ist sie halt dann im Kunsthandel aufgetaucht. Mir haben’s natürlich immer im Kunstreferat gesagt: „Sie, passen’S auf, dass das ja nicht irgendwo geklaut worden ist.“ Aber da konnte ich dann mit Sicherheit sagen: „Nein, die ist von der Kunst- und Antiquitätenmesse. Und ich weiß, bevor die losgeht, kommt grundsätzlich die Kripo vorbei und schaugt sich ois o.“ Ich habe dann gesagt: „Also, es ist sicher: die letzten 300 Jahre ist er nicht geklaut worden. Vorher, das weiß man nicht.“ Aber jedenfalls ist es halt wirklich, das hat auch das erzbischöfliche Kunstreferat bestätigt, eine sehr, sehr schöne Figur. Und es ist eben eine echt gotische Figur, nicht nachgeschnitzt, und es ist auch nicht viel verändert worden.

Pfarrer Reinhold Langenberger
am 25. März 2007 nachmittags in seiner Pfarrkirche

Originalton-Aufnahmen stehen hier als MP3-Dateien bereit:
Madonna (1,9 MB) | Gnadenstuhl (2,4 MB).

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